Ein Beitrag von Simon Hinrichs mit Fotografien von Sören Rust
Zur Erfassung der Graugänse für das Projekt „Gans Hamburg“ radel ich in den Sommermonaten ein Mal in der Woche nach Planten un Blomen. Die bepflanzten Wasserbecken sind ein Paradies für verschiedenste Wasservögel. Dank den Parkwächtern hält man sich hier sogar noch an die Leinenpflicht, sodass hier nur wenige Störungen durch Hunde vorkommen.
Eines Tages stand ein großes Schild am Ufer, um über die bevorstehende Sanierung der Wasserlichtorgel zu informieren. Glücklicherweise stand ich bereits mit einer sehr freundlichen Mitarbeiterin des Bezirks in Kontakt und konnte so Details der Sanierung erfahren. Normalerweise wird das Wasser aus diesem Becken erst ab Mitte Oktober abgelassen um es winterfest zu machen. Es stellte sich allerdings heraus, dass dies in diesem Jahr bereits am Sonntag den 24. September geschehen soll.
Doch noch schwammen zwei Reiherentenmütter mit ihren nicht flüggen (also flugunfähigen) Jungvögeln auf dem Gewässer; bis Mitte Oktober wäre der Nachwuchs längst flügge gewesen, jetzt im September aber noch nicht!
Offensichtlich wurden bei den Planungen die spät brütenden Reiherenten nicht berücksichtigt. Die Küken dieser Art schlüpfen meist erst im Juli und brauchen dann 45-50 Tage bis sie flügge sind. Hätte man noch zwei Wochen gewartet, wären die Reiherenten flügge gewesen und hätten sich fliegend ein neues Plätzchen suchen können. Hoffentlich ist man bei der nächsten Sanierung in 30 Jahren (?) schlauer.
Ein Mitarbeiter vom Bezirk Mitte meldete sich wie besprochen Montagmittag bei mir, um den aktuellen Wasserstand mitzuteilen. Man war sich nicht sicher wie schnell das Wasser abläuft.
Das Wasser lief schneller ab als erwartet, sodass wir bereits am Nachmittag mit der Bergung der jungen Reiherenten beginnen mussten.
Glücklicherweise konnte ich spontan tatkräftige Mitglieder des Vereins für die Aktion am Nachmittag gewinnen. Alle waren davon ausgegangen, dass erst am Dienstag das Wasser komplett abgelaufen sein würde.
Bewaffnet mit Gummistiefeln und einer (ehemaligen) Katzentransportbox ging es dann zu dem Becken, welches nur noch eine kleine schlammige Pfütze beinhaltete.
Beide Reiherentenmütter waren merkwürdigerweise bereits verschollen. Insgesamt saßen sieben junge Reiherenten im Matsch.
Ohne Wasser sind sie dort gefangen, da die jungen Enten die hohen Betonwände, welche das Becken komplett umschließen, kaum hinauf hüpfen können. So wären sie eine leichte Beute für Greifvögel, Marder, Füchse oder frei laufende Hunde.
Das Einfangen gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht, denn ein fest verschlossener Bauzaun umrundete die Wasserlichtorgel. Die Enten konnten unter dem Zaun hindurch laufen, wir nicht. So mussten wir erstmal abwarten, bis sich die Truppe watschelnder Jungenten wieder in Bewegung setzte und sich zielstrebig zur anderen Beckenseite bewegte.
Dort konnten wir dann die Halbstarken umzingeln und nach und nach einfangen.
An ein so frühes Wiedersehen hatten beide Seiten nicht gedacht. Denn erst Anfang September hatte ich diese sieben Jungvögel in den Händen gehabt um sie für die Vogelwarte Helgoland zu beringen. Von den Reiherenten und dem Matsch gesprenkelt, brachten wir diese in die benachbarten Becken. Dort bleibt das Wasser ganzjährig und die Reiherenten können in Ruhe flügge werden und dann bald den Park verlassen. Durch die Beringung können wir nun ihren weiteren Weg nachvollziehen – ob sie uns in guter Erinnerung behalten werden?
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