Nature Writing
Ein Beitrag von OK
Vor einigen Wochen habe ich diverse Neuerscheinungen zur Vogelwelt in den Kategorien „Sachbücher“ und „Bilderbücher“ vorgestellt. Hier ist nun der zweite Teil des Beitrags über Neuerscheinungen im Bereich „Nature Writing“.
Die im angelsächsischen Raum seit langem bekannte Kategorie des Nature Writing („Ökophilosophie“, „Biopoetik“, vgl. Andreas Weber, Schläft ein Lied in allen Dingen, DIE ZEIT vom 14.2.2018) kommt langsam auch in Deutschland an – zunächst durch Übersetzungen (z.B. Neil Ansell, Tief im Land, Meine Jahre in den Wäldern von Wales, 2016, Originalausgabe Deep Country – Five Years in the Welsh Hills, 2011), neuerdings aber auch durch in deutscher Sprache verfasste Werke.
Bitte bestellen Sie Ihre Bücher aus ökologischen Gründen und im Interesse eines unabhängigen Buchhandels möglichst nicht im Internet – Support your local bookseller!
Nature Writing bietet keinen (ausschließlich) sachlichen Zugang zur Natur bzw. zur Ornis, sondern verfolgt oft emotionale, jedenfalls stark persönliche Ansätze. Naturbezogene Sachthemen und individuelle Erfahrungs- und Erlebniswelten überschneiden sich hier und fließen ineinander. Da es sich um Belletristik handelt, gibt es keine Fachkultur, und die Gestaltungsfreiheit der Autorinnen und Autoren ist hier viel größer als bei Sachbüchern, geschweige denn bei wissenschaftlichen Werken. Über Geschmäcker lässt sich bekanntlich nicht streiten, auch nicht im Hinblick darauf, wie ein eher literarisches, emotionales, persönlich empfundenes „Vogelbuch“ beschaffen sein sollte. Ich mache meine subjektive Bewertung von Nature Writing davon abhängig, ob ich bei der Lektüre Lust dazu bekomme, mit dem Autor oder der Autorin Vögel beobachten zu gehen.
Wider Erwarten leider nicht der Fall ist dies bei David Lindo, einem Star der britischen Birdwatching-Szene, der im Internet auch geführte Touren, Kurse, „Masterclasses“, Merchandise-Artikel und vieles mehr anbietet. Sein Buch #Urban Birding, 2018 empfinde ich als wenig gelungen, nicht einmal als unterhaltsam. Nach meinem Eindruck geht es hier zwar auch um Vogelbeobachtung, im Hintergrund aber vor allem um Lifestyle. Was Lindo wohl vorschwebt, ist ein junges, hippes, lifestyliges Bird Watching: Urban Birding eben. Da denkt man gleich an schicke großstädtische young professionals, die – mit dem Premium-Fernglas (jenseits von € 2.000) in der Hand – after work nach dem Wanderfalken auf dem Rathaus, dem Uhu auf der Baustelle oder der Hybridente auf dem Parkteich schauen. „Stadtnatur“ ist in der Tat ein äußerst wichtiges, zukunftsträchtiges Thema, das jungen Leuten einen Weg zu den Vögeln zeigen könnte. Die großen Chancen dieses Themas nutzt Lindo allerdings nicht. Er präsentiert vielmehr eine Aneinanderreihung von Texten, die offenbar bloß „längere Versionen (seiner) Kolumnen in der Bird Watching“ (S. 9), einer britischen Vogelbeobachter-Zeitschrift, sind. Die Herausgabe gesammelter Kolumnen als Buch gelingt nur selten wirklich überzeugend, denn was in der alleinstehenden Kurzform ansprechend sein mag, wirkt neben anderen gleichartigen Texten wenig abwechslungsreich, sogar ermüdend. So ist es auch hier. Aufgebaut sind die Kolumnen nach einem wiederkehrenden Muster, das sich vielleicht mit Gaius Julius Caesar auf die Kurzformel veni, vidi, vici bringen lässt: Auf die Anreise folgt alsbald die Sichtung eines gesuchten Vogels mit dem Leica-Glas, vielleicht noch eine kurze Tour mit einem lokalen Birder, dann die Abreise. Wer solche eher gleichförmigen Schilderungen über deutlich mehr als 300 Seiten hinweg lesen mag, hat das richtige Buch gewählt.
Erwartungsgemäß geht es zumeist um das Vogelleben jenseits des Ärmelkanals. „Britische Inseln und Irland“ belegen über 45 % des Kolumnenteils (S. 52-185), auf „Europa“ entfallen nur knapp über 35% (S. 186-289) und auf die restliche „Welt“ nicht einmal 20 % (S. 291-348). Das lässt durchaus am Sinn einer ins Deutsche übersetzten Ausgabe zweifeln. Wer eine längere Beobachtungsreise durch das Vereinigte Königreich plant, mag dem Buch sofort nutzbare Anregungen entnehmen können. Auf alle anderen trifft dies kaum zu. Lindo ist zwar durchaus kein Münchhausen. Man glaubt ihm, dass er überall war, wo er gewesen sein will, und dass er das Beschriebene auch gesehen hat. Man versteht aber nicht, was sein in der Gesamtschau beliebig wirkendes Städte-Hopping (mit integrierter Vogelbesichtigung) überhaupt bringen soll – nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Vermeidung unnötigen Individualverkehrs.
Deutsche Vogelbeobachter erfahren von Lindo z.T. Erstaunliches, jedenfalls Plakatives, sehr stark Vereinfachtes über ihre home patches (wie ein Urban Birder vielleicht sagen würde). Stuttgart ist für Lindo die „Grüne Stadt mit Amazonen“ (S. 235 ff.) und – was besonders überraschen mag – „die vielleicht kosmopolitischste Stadt Deutschlands“ (S. 235) (Anmerkung für den Übersetzer: „Kosmopolitisch“ kann man nicht steigern). Dagegen ist Berlin für Lindo die „Weltstadt der Habichte“ (S. 257 ff.). Zu Frankfurt am Main fällt ihm „Eine Möwe mit Vorliebe für dunkle Typen“ ein (S. 244 ff.). In Wuppertal geht es „Mit der Schwebebahn zur Wasseramsel“ (S. 251 ff.). Wer noch unentschlossen ist, welches Fernglas er oder sie kaufen soll, um als „Urban Birder“ adäquat gerüstet zu sein, enthält von Lindo sehr konkrete Entscheidungshilfe. Er beschreibt Wetzlar detailliert („Leica, Burg Karlsmunt und die Lahn“, S. 240 ff.); schließlich ist er – was er ausdrücklich hervorhebt – „als Markenbotschafter für Leica unterwegs“ (S. 240). Die Details seiner Erlebnisse mit der Industrie erspart Lindo seinen Lesern ebenso wenig wie Namedropping: „Zum futuristischen Industriegelände, auf dem sich die Büros befinden, gehört auch ein Wäldchen, in dem ich in Meetingpausen gern spazieren gehe […] Ich besuchte diesen Wald in Begleitung von Nanette Roland, Produktmanagerin für optische Sportgeräte und begeisterte Vogelbeobachterin“ (S. 241). Das Buch enthält auch explizite, ästhetisch bebilderte Leica-Werbung, die verspricht, es sei „so leicht, mehr von der Welt zu sehen.“ Besonders leicht und unbeschwert mag das Sehen allerdings sein, wenn man sich vor dem Blick durch ein (sicher hervorragendes!) Leica-Fernglas nicht allzu lange mit Lindos Buch aufhält, und sich von ihm insbesondere keine konkrete Anleitung oder fruchtbare Anregung zur Erkundung urbaner Naturerlebniswelten verspricht.
Auf einer ganz anderen Ebene operiert das Buch von Arnulf Conradi, Zen und die Kunst der Vogelbeobachtung, 2019. Conradi stammt aus der Welt der Bücher. Er war Cheflektor und Programmleiter bei S. Fischer, gründete und leitete später einen Verlag. Conradi weiß also genau, wie man Bücher macht. In der Tat ist das Werk besonders schön ausgestattet. Das Titelbild - zwei Tordalke nach einer Illustration von Audobon - ist sehr ästhetisch. Leider ist aber auch Conradi kein „Vogelbuch“ gelungen, das mich persönlich anspräche. Conradi richtet sich freilich nicht an Lifestyle-Birder, sondern an Intellektuelle (sofern es den Begriff noch gibt). Wo Lindos Buch lifestylig und flüchtig herüberkommt, wirkt Conradis Werk grüblerisch, bedeutungsschwanger und erdenschwer. Conradi möchte die Vogelbeobachtung mit dem Zen-Buddhismus zusammenbringen, allerdings ohne eine (sicher gut denkbare!) Verknüpfung zwischen beidem je deutlich genug zu erklären. Zwar gibt es gleich zwei Kapitel über Zen (S. 35 ff., S. 87 ff.), aber auch nach deren Lektüre empfindet man allenfalls vage, dass und warum Conradi Vogelbeobachtung als „eine Form der Meditation“ (S. 56) sieht, und dass er das Meditative, Kontemplative, Konzentrierte, Fokussierte am Vogelgucken mit Zen verbindet. Dass Vogelbeobachtung und Zen sich allerdings gerade in ihrer angeblichen Zweckfreiheit berühren (S. 56: „es geht nicht darum, etwas zu erreichen. Es geht darum, etwas zu sein.“), kann man auch bezweifeln: Persönlicher, d.h. emotionaler Erlebnisgewinn, aber durchaus auch wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn (Citizen Science!) über die Vogelwelt sind doch zumindest erwünschte Begleiterscheinungen des Blickes durch Fernglas und Spektiv. Das Gestaltungsprinzip Conradis ist eigentlich sehr schön: Die Kapitel seines Buches tragen die Namen von Naturräumen, jeweils mit einem bekannten Beispiel: „Die Seen|Die Uckermark“ (S. 59 ff.), „Die Nordsee|Sylt“ (S. 103 ff.), „Die Stadt|Der Grunewald“ (S. 129 ff.), „In den Bergen|Balderschwang“ (S. 145 ff.), „Der Fluss|Die Peene“ (S. 185 ff.), „Die Insel|Helgoland“ (S. 201 ff.). Conradi beschreibt detailliert, was er in diesen Naturräumen gesehen und mit der Vogelwelt erlebt hat. Dies allerdings tut er nach meinem Empfinden sehr eigenwillig und sperrig, mit vielen Abschweifungen und mysteriös wirkenden Gedankensprüngen. Im Kapitel „Uckermark“ geht es zwar um Garten- und Wasservögel, aber auch um einen Traum (?) Conradis (S. 66: „wie eine Vision, eine Botschaft aus der Vergangenheit“), der von zwei älteren Frauen im 19. Jahrhundert (??) handelt (S. 66 f.). Im Kapitel „Sylt“ ist zwar von Brandseeschwalben, Trauerenten und Limikolen die Rede, aber ebenso von der Philosophie Henri Bergsons (S. 104 f.). Ich habe nur selten die Geduld und sehe auch kaum Anlass, solchem gedanklichen Mäandern zu folgen, wenn ich eigentlich etwas über Vögel lesen will.
Es ist anerkennenswert und zeugt von Professionalität, dass Conradi sich fachlich absichern wollte. Für „Durchsicht des Textes auf ornithologische Richtigkeit“ (S. 234) dankt er einem „Ornithologen aus Berlin“ (S. 123). Unbeschadet dieser Durchsicht wirkt auf mich manches aber doch – in sachlich-fachlicher Hinsicht – zweifelhaft und irritierend, jedenfalls noch nicht hinreichend redigiert, und somit im Hinblick auf Folgeauflagen überdenkenswert. Conradi schreibt – wie weiland Alfred Brehm – beharrlich von „Raubvögeln“ (S. 124; siehe außerdem S. 123: „Stößt ein Raubvogel in einen Schwarm hinein […]“), und schildert z.B. die Plastikmüllpest auf den Helgoländer Vogelfelsen etwas sonderbar: „In den Kolonien kann man auch sehen, wie sehr der im Meer schwimmende Plastikabfall der Vogelwelt zu schaffen macht. Wie gehenkt (sic) hingen mehrere tote Basstölpel an Plastikschnüren in den Felsen – sie hatten sich anscheinend nicht mehr befreien können, waren aber noch in ihre Kolonie zurückgekehrt“ (S. 208). Bestimmt verfangen sich die Vögel auch auf See unrettbar in Netzresten und ähnlichem; aber in erster Linie ist es doch wohl nicht die Rückkehr solcher Vögel in die Kolonie, sondern der Eintrag des Mülls als Nistmaterial, der für die vielen „wie gehenkten“ toten Trottellummen und Basstölpel in den Brutfelsen verantwortlich ist (dazu zuletzt Conradt, Der Falke 3/2019, 20, 22).
Außerdem schildert Conradi es als schwer, auf Helgoland Tordalke zu sehen (S. 208; „kann man, wenn man Glück hat, auf ein oder zwei Tordalke stoßen“ – tatsächlich sind die Vögel zur Brutzeit mit dem Spektiv binnen Minuten auffindbar, wenn man nur am richtigen Felsen steht). Dadurch entsteht zumindest ein unzutreffender Eindruck, der Unerfahrene fehlleiten mag. Conradi hat auch etwas dagegen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland oder womöglich auch des Vereins Jordsand die im Juni springenden Trottellummen beringen (S. 216: „wir waren nicht einverstanden. Das ist kein Moment, in dem man den Vogel aufhalten sollte, ganz abgesehen von der Panik des Vaters draußen auf den Wellen“). Das kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen geht es hier um wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Zum anderen ist der Hauptzweck des kurzzeitigen Lummenfangs gar nicht unbedingt die Beringung: Nach dem Sprung werden die Jungvögel für kurze Zeit gefangen, um ihnen über Mauern am Ufersaum hinwegzuhelfen, und bei dieser Gelegenheit werden sie dann beringt.
Zur meditativen Naturbegehung gehört es dann seltsamerweise auch, dass Conradi bei seinen Vogelbeobachtungstouren „Lolla“, einen „Riesenschnauzer“ (S. 130), dabeihat. Conradi lässt Lolla im Grunewald bei Berlin frei laufen, nach eigenen Angaben leider ausgerechnet dort, wo der Wald „sich selbst überlassen“ (S. 130) ist. Lolla hat zwar „kaum Jagdtrieb“ (S. 71), darf aber doch „manchmal ein Wildschwein verfolgen, wenn es ihr zu nahe kommt“ (S. 130). Conradi schildert sogar eine dramatische Konfrontation der vierbeinigen Freundin mit einem „massigen, schwarzen Keiler“ (S. 131): „Lolla war es gewöhnt, dass Wildschweine vor ihr wegliefen, aber dieser schwarze Riese hatte keine Angst vor ihr“ (S. 131). Ein solches Zusammentreffen ist allerdings kein meditativ zu genießendes Naturschauspiel, sondern bedeutet schlicht Lebensgefahr für den Hund. Ich mag Hunde sehr, und habe fast zwanzig Jahre lang einen Hund gehabt. Ich habe aber noch niemanden gesehen, der mit einem freilaufenden, stöbernden Hund an seiner Seite sinnvoll und gewinnbringend Vögel beobachtet hätte. Nicht umsonst werden öffentliche Vogelführungen immer mit der Bitte „Keine Hunde“ angekündigt – ganz davon abgesehen, dass in Naturschutzgebieten Leinenpflicht herrscht, manchmal sogar ein Totalverbot (Duvenstedter Brook!). Übrigens berichtet Conradi an anderer Stelle selbst über einen offenbar hervorragenden walisischen Birdwatcher, einen „weisen Mann“ (S. 63), der ihn einmal belehrt habe: „Ein Hund scheucht die Vögel auf.“ (S. 63). Warum Conradi solche weisen Lehren einerseits bewundernd beschreibt, sie andererseits aber offenbar nicht umsetzt, weiß man nicht recht.
Was ich in Conradis Buch am meisten vermisse, ist erkennbares kritisches Bewusstsein im Hinblick auf den desaströsen Zustand der Vogelwelt. Conradi betrachtet, genießt oder konsumiert den Anblick von Vögeln offenbar meditativ oder kontemplativ. Als reiner Beobachter bleibt Conradi aber distanziert. Conradi geht es wohl zuvörderst um Ästhetik. Er sieht die Vogelwelt in schönen und seltsamen Bildern. Man kann aber nicht erkennen, wie er Bedrohungsstand und -ursachen sieht, ob er sich Gedanken über Problemlösungen macht. Nebenbei scheint mal ein wenig Kritik an der „industriellen Landwirtschaft“ und an Windkraftanlagen auf (S. 71 f.); das war’s. Das ist mir heute zu wenig. Auch sprachlich gibt es manches auszusetzen (vgl. auch die Rezension von Bucheli, Neue Zürcher Zeitung vom 22.2.2019: „in seinen manchmal etwas unbeholfenen Sätzen“).
Insgesamt sind mir Conradis Gedankengänge zu weltfern und haben sie zu wenig mit den Vögeln zu tun. Daher möchte ich auch mit ihm lieber nicht auf Vogelbeobachtungstour gehen - jedenfalls nicht, wenn er Lolla von der Leine lässt.
Viel näher als das Werk Conradis ist mir das letzte hier vorzustellende, mit schönen Illustrationen von Florian Frick ausgestattete Buch von Johanna Romberg, Federnlesen, Vom Glück, Vögel zu beobachten, 2018. Romberg ist eine erfahrene, mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftsjournalistin („GEO“) und Mitautorin eines (kostenpflichtigen) Blogs zur Vogelwelt („Flugbegleiter“). Romberg beobachtet seit ihrer Jugend Vögel. Sie führt sehr sympathisch durch ihre eigene Birding-Biographie, geleitet ihre Leserinnen und Leser aber auch kenntnisreich und ansprechend durch die heutige Ornis, die wir kennen und lieben und um die wir uns sorgen. Romberg hat etwas, was manchem anderen Nature Writer fehlt: Fachwissen, vor allem aber auch Zuneigung, Herz und Gefühl für die Tiere im Fernglas. Man glaubt ihr aufs Wort, dass sie – wie so viele Birder, vor allem in Norddeutschland – fast körperlich unter dem vielerorts eingetretenen Totalverlust der Wiesenvögel leidet (S. 131 ff.); und man freut sich sehr mit ihr, wenn sie Vögel an unerwarteten Stellen im urbanen Raum entdeckt, darunter Flussuferläufer und Habicht (S. 159 ff.). Ihre Erfahrungen mit Spechten liegen – wie auch bei mir – zwischen der Freude an der spontanen Sichtung und der Verzweiflung, die Vögel immer wieder zu verpassen (S. 105 ff.). Wer über Rombergs jahrzehntelange Suche nach den Big Four mit blauem oder türkisem Gefieder (Bienenfresser, Blaukehlchen, Blauracke, Eisvogel) liest, empfindet Freude und Erleichterung, sobald man erfährt, dass sie endlich alle vier gesehen hat (S. 265 ff.). Aus Rombergs humorvoller Schilderung der Helgoländer Vogeltage (S. 239 ff.) tritt schließlich der vielleicht wichtigste Charakterzug eines zeitgemäßen Birding hervor: die Fähigkeit, sich selbst nicht immer nur ernst zu nehmen. Wenn Birder ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft finden und eben dieser Gesellschaft ihre Anliegen wirksam vermitteln wollen, können sie dies nicht bierernst und verbissen tun. Sehr geehrte Frau Romberg, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem schönen, leichten, anregenden Buch! Wenn Sie mal in den Hamburger Raum kommen – es wäre mir eine Freude, Sie draußen zu treffen!
Fazit
Nature Writing ist in Deutschland noch verhältnismäßig neu. Das Genre hat sich noch nicht festgelegt. Überschaut man die vorgestellten Neuerscheinungen in ihrer Gesamtheit, fällt daher vor allem ihre Heterogenität auf. Das Spektrum reicht von Lifestyle-Lesestoff über Tiefsinniges bis hin zu frischer, angenehm lesbarer, unmittelbar anregender Literatur für engagierte Birder. Für jeden Geschmack sollte etwas dabei sein!
Kommentar schreiben