Ein Beitrag von Torsten Demuth (erstmalig erschienen am 16. November 2014 / 28. Dezember 2014)
9. November, 6:30 Uhr, Hamburg-Hamm. Der Wecker dröhnt. Raus aus dem Bett, Gardine beiseite geschoben, ein Blick ostwärts in den Himmel: Alles bestens, weitestgehend klar! Also ab ins Badezimmer. Ohne Frühstück aus dem Haus, Fernglas um den Hals, Rucksack mit den sonstigen Notwendigkeiten auf dem Rücken.
Erster Stopp auf der Veddel, beringte Möwen ablesen. Danach geht es Richtung Westen, Ziel ist das Mühlenberger Loch. Kurzer Stopp in Finkenwerder, Brötchen holen - es ist schließlich Sonntag. Aus diesem Grund geht es durch den Ortskern und nicht über die "Ufi", wie die Ortsumgehung von den Meisten hier genannt wird. Mit einer scharfen Linkskurve am Ende des Siedlungsbereiches öffnet sich der Blick, der Flughafen Finkenwerder -Kürzel XFW- liegt vor, oder besser gesagt, neben mir.
Die Sonne steigt im Südosten langsam den Himmel hinauf. Der Schatten des grünen Metallzauns, der das Airbus-Gelände umspannt, ist noch lang. Soll ich einen kurzen Blick auf das Gelände werfen? Ach ne, erst einmal wie geplant weiter zum Este-Sperrwerk. Dort dürfte das Wasser zu dieser Zeit, es ist mittlerweile 10 Uhr, schon einen Teil des Watts im Mühlenberger Lochs freigegeben haben.
Moment, was ist das? Ein Turmfalke wird direkt an der Aussichtsplattform von einer Krähe "gemobbt"... also: Planänderung!
Fix gewendet, was hier wochentags einem Himmelfahrtskommando gleich käme, und auf den Parkplatz eingebogen.
Als ich aussteige, ist das Spektakel längst vorbei. Na gut, nun kann ich auch erst einmal hier schauen, was so los ist. Alles wirkt ein wenig ungewohnt: Man kann den Wind hören, kein Triebwerks-Getöse stört die Ruhe. Auf dem Neßdeich, wo wochentags zu fast jeder Zeit kaum enden wollende Blechkaravanen rollen, sind nur wenige Fahrzeuge unterwegs - schön! Dazu die noch erstaunlich wohlig strahlende Sonne.
Den Turmfalken sehe ich in einiger Entfernung über die Start- und Landebahn fliegen, er kommt direkt auf mich zu. Niedrig über dem Gras gleitet er auf den Zaun zu - und landet rund 20 Meter vor mir auf eben diesem. Diese einzelne Person auf dem Parkplatz scheint interessant zu sein, oder zumindest das klickende Ding in dessen Händen. Nach einigen Sekunden gegenseitigen Betrachtens fliegt der kleine Greifvogel wieder ab und widmet sich seiner Hauptbeschäftigung: Der Suche nach Mäusen.
Nach dieser schönen Begegnung kann ich glücklich und ohne "Erfolgsdruck" die wenigen Stufen zur Aussichtsplattform hinaufsteigen, um mit dem Fernglas das Gelände nach weiterem Getier abzusuchen. So völlig alleine stand ich hier zuvor noch nie, meist sind hier "Spotter" anzutreffen. So nennen sich Flugzeug-Enthusiasten, die, meist mit großen Objektiven, auf der Pirsch nach Maschinen mit besonderer Lackierung oder den Belugas (so heißen die riesigen Airbus-Transportflugzeuge) sind.
Oh, was ist denn da auf der Asphaltpiste? Treffer: Zwei adulte Seeadler sitzen einträchtig neben einander und scheinen die wärmende Sonnenstrahlung zu genießen. Sie dösen und pflegen ihr Gefieder.
Mit der Ruhe ist es dann aber, zumindest für die Adler, schnell vorbei. Eine Saatkrähe nähert sich rufend und fängt an, die großen Greife zu ärgern. Das Verhalten kennt man in ähnlicher Form auch bei uns Menschen: Ständige kleine Sticheleien, gefolgt von frecheren Provokationen.
Als wenig später eine zweite Saatkrähe eintrifft und den Artgenossen unterstützt, wird es dem Seeadlerpaar zuviel, beide fliegen kurz nacheinander in Richtung Mühlenberger Loch ab.
Seeadler auf der Start- und Landebahn. Nach wenigen Momenten der Ruhe im Klinsch mit Krähen.
Kaum sind die Seeadler über dem Deich den Blicken entschwunden, nähert sich der Turmfalke offenbar nach Nahrung suchend. Kurz darauf landet er abrupt im hohen Gras, um Sekunden später mit Beute im Fang wieder abzuheben. In der strahlenden Vormittagssonne scheint er sie genüsslich zu fressen.
Turmfalke bei der Jagd und mit Beute
Fast 11:30 Uhr, es ist auch für mich Zeit zum Este-Sperrwerk aufzubrechen, dort ist bald der niedrigste Wasserstand der Tide erreicht. Gefrühstückt habe ich auch noch nicht...
Elbwatt am Fähranleger Cranz
Nach dem Besuch des Flughafens Finkenwerder ging es noch weiter zum Este-Sperrwerk beim Fähranleger Cranz. Auf der anderen Seite des Stroms breitet sich das Blankeneser Treppenviertel am Elbhang aus, beim Blick nach rechts lässt sich ein Teil des Mühlenberger Lochs einsehen, im Hintergrund das Airbus-Werk. Bei Niedrigwasser hat man einen guten Blick auf das Elbwatt, in dem zu dieser Jahreszeit abertausende Vögel nach Nahrung suchen. Mit etwas Glück lassen sich hier auf den Wattflächen Seehunde entdecken, die immer häufiger die Elbe hinauf bis nach Hamburg kommen.
An Rande der Fahrrinne machten sich an diesem Tag zwei Mantelmöwen über einen Plattfisch und einige Krabben her. Mit einer Flügelspannweite von rund 160 cm sind diese größten bei uns vorkommenden Möwen eine imposante Erscheinung.
Wildes Treiben bei Niedrigwasser vorm Este-Sperrwerk.
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